Ich habe früh gemerkt: Wenn ich ich selbst bleiben will, muss ich eigene Wege gehen. Nicht, um anders zu sein – sondern, weil ich anders leben musste.
Heute bedeutet selbstbestimmt leben für mich, mit meiner Kunst zu leben, kreativ zu sein – im Alltag und auf der Leinwand. Deshalb hat mich die Blogparade von Sandra Hoppenz zum Thema:
„Was bedeutet Selbstbestimmung?“ sofort angesprochen.
In diesem Text erzähle ich, wie Selbstbestimmung für mich aussieht – nicht als Ideal, sondern als Alltag. Mit Brüchen. Mit Freiheit. Und mit Farbe.
1. Abnabeln war mein erster Akt der Freiheit
Ich bin Künstlerin. Frei. Eigenwillig. Unabhängig. Klingt nach Selbstbestimmung, oder?
Was ist wirklich meins?
Und doch frage ich mich manchmal: Wie viel von dem, was ich tue, ist wirklich meins – und wie viel ist Reaktion auf Vergangenes, auf Gelerntes, Antrainiertes oder auch auf alte Verletzungen? Und natürlich Reaktionen auf Erwartungen, Normen, Regeln, die man einhalten soll.
Mein erster selbstbestimmter Schritt
Ich habe mich früh für einen eigenen Weg entschieden. Als Scheidungskind war die Situation für mich unerträglich – also habe ich die erste Gelegenheit ergriffen und bin gegangen. Ich hatte das deutliche Gefühl: Ich muss hier weg, um (über)leben zu können. Mit 15 ½ bin ich ausgezogen. Ich habe meine Eltern gegeneinander ausgespielt und hatte meine Ruhe.
Es war eine wichtige und richtige Entscheidung – und wegweisend für meinen weiteren Lebensweg. Vielleicht auch die Grundlage dafür, dass ich heute male, erschaffe, Kunst mache.
2. Ich wollte dazugehören – und hab mich in die Masse geworfen
Anpassung statt Freiheit?
Als Kind glaubt man ja: Selbstbestimmung ist, wenn man selbst entscheiden kann, wann man Süßigkeiten isst oder ins Bett geht.
Später, als ich das konnte, habe ich gemerkt: So einfach ist das mit der Selbstbestimmung nicht. Ich wollte dazugehören, wollte Teil von etwas Gutem sein – und habe mich angepasst, um das zu erreichen. Das ist einfach unsere menschliche Natur, denke ich. Das hat mir aber nur bedingt gutgetan, eh klar 😉
Heute lebe ich selbstbestimmt – mit Luxus und Fragen
Heute bin ich in der komfortablen Lage, dass ich für mich alleine lebe, nicht mehr berufstätig bin und jeden Tag neu entscheiden kann, was mir guttut, was ich machen will, wie ich leben will.
Ein Luxus, den ich mir oft bewusst mache.
Aber wieder einmal ist nicht alles an diesem selbstbestimmten Leben leicht – oder gut für mich.
3. Gehen statt verbiegen – auch wenn’s wehtut
Selbstbestimmung heißt nicht Rücksichtslosigkeit
Ich hatte es satt, mich zu verbiegen. Wer meint, Selbstbestimmung sei egoistisch, hat vermutlich selbst nie wirklich entschieden. Für mich ist es eher ein Akt der Ehrlichkeit. Und ein bisschen Trotz ist auch dabei.
Meine Art, auf mich zu achten, meinen eigenen Weg zu suchen (und oft auch zu gehen), wurde immer wieder als egoistisch oder eigenbrötlerisch bezeichnet. Diese Menschen haben nicht verstanden, wie wichtig es für mich war, auf mich zu hören und zu mir zu stehen. Oder auch andersherum: Vielleicht waren diese Menschen mir gegenüber nicht rücksichtsvoll oder tolerant.
Rücksicht nehmen – bewusst und ehrlich
Meine Selbstbestimmtheit empfinde ich nicht als rücksichtslos – ich habe andere mit ihrem Sein und ihren Sehnsüchten oft im Blick. Damit kann ich bewusst entscheiden: Nehme ich Rücksicht, mache ich einen Schlenker – oder gehe ich meinen Weg weiter?
Ich gehe – weil ich oft nicht anders kann
Mein Weg war bestimmt nicht der einfache – aber er war für mich der einzig machbare. Ich habe mich weiterentwickelt, bin gewachsen, habe meinen inneren Kompass immer wieder neu ausgerichtet.
Gehen oder bleiben? Und die Selbstachtung?
Zweimal habe ich mich aus langjährigen Beziehungen gelöst, die mir zwar nach außen hin Sicherheit, Stabilität und eine finanzielle Basis geboten hätten, im Inneren aber leer waren.
Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, weil ich gespürt habe: Das ist nicht mein Weg. Es braucht zu viele Kompromisse. Ich kann nicht ich sein. Ich muss mich zu oft zurücknehmen und meine Ziele auf “später” verschieben.
Jetzt bin ich in einer Lebensphase, in der ich dazu nicht mehr bereit bin. Ich habe gelernt: Mein Leben ist endlich – und ich möchte es LEBEN. Auf meine Art.
4. Selbstbestimmt leben – aber was, wenn die Zweifel kommen?
Zweifel gehören dazu
Selbstbestimmung heißt nicht, immer zu wissen, wo es langgeht. Sie bedeutet, Risiken zuzulassen und neue Wege zu gehen, sich auch mal zu verlaufen – und, wie ich es immer wieder spüre: die Gefahr, einsam zu sein.
Da kommen bei mir dann Zweifel: Ist mein Weg richtig? Ist dieses selbstbestimmte Leben – diese Zurückgezogenheit, die bei mir damit einhergeht – es wert?
Ich wähle mein Leben – immer wieder neu
Bis jetzt beantworte ich diese Frage immer wieder mit „Ja“. Ich bin mir oft selbst genug. Ich freue mich an meiner Selbstständigkeit, an meinem Selbstbewusstsein – im Sinne von: Ich weiß, was mir guttut, und versuche dafür zu sorgen.
Gern tauche ich durch Bücher in andere Welten ein, bin gerne in der Natur und am und im Wasser. Unter Menschen schaue ich mir an, wie andere leben – und weiß, ich könnte mich auch so entscheiden.
Ich habe diese Beobachtungen oft genutzt, um meinen eigenen Weg zu finden – und meinen Kompass neu auszurichten.
Ist das Überheblich?
Vielleicht klingt das überheblich – aber ich glaube, ich bin nicht überheblich. Ich bin selbstbewusst, also mir meiner selbst bewusst. Und ich bin stolz. Auf mein Leben, auf meine Entscheidungen, auf meinen Weg.
5. Wenn ich in Farbe bade, bin ich ganz bei mir
Selbstbestimmt leben mit Kunst
Meine Malerei ist ein wichtiger, kraftvoller Anker in meinem Alltag. Ich male, wie ich lebe. Meine Bilder entstehen selbstbestimmt und aus meinem Empfinden heraus.
Regeln brauche ich dafür nicht.
Das ist ein Foto eines meiner ersten Bilder:

Damals konnte ich zum ersten Mal umsetzen, was meine Kursleiterin meinte – und habe einfach losgelegt. Während des Malens stand ich tanzend und singend vor meiner Staffelei. Ich war glücklich. Frei. Leicht.
Malen als gelebte Selbstbestimmung
Dieses Gefühl – dieser Genuss – ist heute noch in mir. Auch das ist für mich Selbstbestimmung: Wenn ich ganz ich bin, ohne nachzudenken, ohne zu planen. Nur Farbe, Bewegung, Freude – ganz ohne Ziel, ganz bei mir.
Der Moment, in dem ich mit dem Malen beginne, ist für mich ein besonderer Moment. Ich entscheide nach Gefühl und Stimmung: Welches Material nehme ich? Wie will ich mich bewegen? Wie kommt die erste Farbe auf den Untergrund?
Es ist befreiend. Es macht Spaß. Und es macht mich überglücklich.
Meine Malerei werde ich freiwillig nicht mehr aufgeben. Das bin ich. Und ich genieße es.
6. Selbstbestimmung vorleben – auch für mein Kind
Freiheit spüren lernen
Ich habe ein Kind erzogen und versucht, ihm zu zeigen, was Selbstbestimmung bedeutet. Wir haben gemeinsam geübt, zu spüren: Was willst du? Was brauchst du? Was tut dir gut?
Ich glaube, das ist mir gut gelungen. Auch darauf bin ich stolz.
7. Kein Plan. Kein Schema. Aber ganz meins.
Ich glaube nicht an Patentrezepte. Aber ich glaube daran, dass jeder Mensch eine Stimme hat, die wahrgenommen und benutzt werden will – auch wenn sie leise ist.
Meine Stimme klingt nach Leben – nach Farbe, nach Mut, nach Freiheit. Und deine?
Ich glaube, wir alle tragen ein bestimmtes Potenzial in uns – und es ist es wert, dieses Potenzial zu entdecken, zu entfalten und wirklich zu leben. Gerade im Miteinander finde ich es wichtig, sich zu zeigen, wie man ist.
Wenn man das nicht lernt – oder nie übt – spielt man eine Rolle. Für andere. Für sich selbst. Und vielleicht auch ein ganzes Leben lang.
Ich glaube: Das wäre ein verschenktes Leben. Und das entspricht nicht meiner Vorstellung von Selbstbestimmung.
Ich mach mein Ding – und du?
Für mich bedeutet selbstbestimmt leben mit Kunst auch: in Farbe zu leben.
Was bedeutet Selbstbestimmung für Dich? Ich freue mich über einen Austausch mit Dir – in einem Kommentar, einer Nachricht oder einfach für Dich selbst. Denn jede (weibliche) Stimme zählt. Auch Deine.
Wenn Du wissen willst, wie ich zu dieser Freiheit in der Kunst gefunden habe – in diesem Beitrag erzähle davon: Kreativer Neuanfang mit abstrakter Malerei